Trost findet man, indem man groß denkt, richtig groß. Ob man selbst verkackt, oder die ganze Menschheit ins Klo greift, Gram verdaut sich besser in Größe. Eine Kläranlage schluckt mehr weg als eine Porzellanschüssel. Und ein Narzisst zieht gerne andere mit in den Strudel, in die Kloake seines Treibens. Denn samt seiner soll die Welt weg gespült werden, in welcher er scheitern konnte.
"If you can't solve a problem, enlarge it!" (Dwight Eisenhower) Weniger zerstörungsaffine Menschen mag beruhigen, dass das eigene Totalversagen trotz maximalen Bemühens in einer Welt mit bald 8 Milliarden Menschen dann doch untergeht. Sogar über den globalen Niedergang hinweg tröstet die Zahl von schätzungsweise 35 anderen bewohnbaren Planeten in der Milchstraße. Zudem nähren sechs Billionen Galaxien im Universum die Hoffnung auf Zivilisationen, die sich nicht die eigene Atemluft abdrehen. Zuletzt soll es auch noch unendlich viele Parallel-Universen auf vier Ebenen geben. H̶ö̶c̶h̶s̶t̶e̶s̶ ̶L̶e̶v̶e̶l̶ ̶i̶m̶ ̶g̶r̶o̶ß̶ ̶D̶e̶n̶k̶e̶n̶:̶ ̶D̶i̶e̶s̶e̶ ̶k̶l̶e̶i̶n̶e̶n̶ ̶G̶e̶d̶a̶n̶k̶e̶n̶ ̶s̶o̶l̶l̶t̶e̶n̶ ̶i̶n̶ ̶A̶n̶b̶e̶t̶r̶a̶c̶h̶t̶ ̶d̶e̶r̶ ̶G̶r̶ö̶ß̶e̶n̶v̶e̶r̶h̶ä̶l̶t̶n̶i̶s̶s̶e̶ ̶k̶o̶m̶p̶l̶e̶t̶t̶e̶r̶ ̶S̶t̶u̶s̶s̶ ̶s̶e̶i̶n̶.̶ Der beste Trost findet sich jedoch bereits in den auch hinieden gültigen Gesetzen der Physik. Sie sind nicht nur vorwärts, sondern ebenso rückwärts anwendbar. Die Zeit mündet nur in unserer Wahrnehmung in die Zerstörung. Dreht man sie um, die Zeit, und die Physik erlaubt es, wird aus Apokalypse Genesis und aus dem Zusammenbruch der Zivilisation der Zauber einer neuen Welt. Gleichwohl müssen wir Menschen weiter nach vorne denken.
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Kontakte akquirieren und aufrechterhalten, Interesse am anderen aufbringen, das gar nicht da ist. Ja, Networking ist aufwendig. Dafür beeindruckt das Ergebnis, wenn du mit deiner Begleitung durch, sagen wir, einen Biergarten, schlenderst, dem einen jovial zunickst und die andere ellbogengrüßt. Launige Worte fliegen hin und her; Sätzetennis, bei dem alle punkten (auch die Begleitung für das Gefühl für ihres sozialkompetenten Fangs).
Doch eine App dafür wäre viel einfacher und ehrlicher. Die App würde dir anzeigen, wo beispielsweise. ein NGO-Aktivist und eine Klaviervirtuosin sitzen, beide idealiter nicht aus deiner Altersklasse. Schnelle Match-Anfrage in der App, ein spontan klingendes "ah, da sitzt ja ...", ein paar zielgerichtete Schritte; und bei der anschließenden Begegnung kannst du galant zu den Stichwörtern im Profil improvisieren. Hi, Genossenschaft heißt auch mal genießen, gell? Bzw.: Hoffentlich ist deine Haxe nicht dur gegart, ha ha. Und mit der (echten) Unwissenheit über den anderen lässt sich sogar kokettieren: Woher kenne ich dich nochmal? Kulturelle Grammatik des Abschieds resp. gegenseitiges Einverständnis aus der Sache heraus: formloses Bye, man hat ja schließlich noch andere zu treffen! Nicht vergessen: die Attitüde des Understatements gegenüber der staunenden Begleitung à la: das war jetzt nur Zufall, dass ich die beiden hier traf! Bescheiden ist auch, wer wer sich mit ehrlich falschen Freunden bescheidet. Den Ball Flach halten! gilt nur auf dem Platz und bei Kopfballschwäche. Kommentatoren dagegen müssen auch bei Köpfchenschwäche mental Bälle jonglieren, neuronal einnetzen. Sie wissen: Es braucht mehr Breite in der Spitze, aber auch mehr Spitze in der Breite! (Guter Breitensport gelingt nicht mit Sportzigarette). Für ein breiter angelegtes Spitzenspiel muss mehr über außen gehen, wenngleich anschließend nach innen — wo das Runde ins Eckige kann.
Das Spiel beginnt bei 0:0 — und mit Nullkommentaren. Dann aber heißt es G̵r̵a̵s̵ ̵f̵r̵e̵s̵s̵e̵n̵ kommentieren ohne defensive Absicherung, Vorwärtsverteidigung durch aus den Lippen gepresste Powersätze (Pressing und Gegenpressing, um keine Atempause zu brauchen), Phrasen dreschen wie einst Peter Briegel den Rasen pflügte, Allgemeinplatz-Pflege bis es weh tut und dann die Ohrwunden der Zuhörerschaft mit weiterem Salbadern einsalben. Alles andere wäre nicht zu verteidigen! Prognose: Am Ende gewinnt auf jeden Fall eine Mannschaft glücklich, aber hochverdient. Männer werden von ihrer Männlichkeit übermannt. Ja, sie sind Manns genug, um mit ihrer toxischen Männlichkeit auf Frauen überzugreifen. Übergriffigkeit missbraucht Macht, und Missbrauch missbraucht neben seinen Opfern auch das Naturgeschenk des Gehirns. Dieses ermächtigt, männlich dominant ausgedrückt, Impulse aus der Steinzeithöhle zu beherrschen. Ihre Mannhaftigkeit gebietet vielen Männern, ein lebendes Testimonial für Testosteron zu sein. Der Tigerhoden im Kopf, er treibt Männer an, ungefragt ein Tier zu sein. (Oder wenigstens Frauen in Feminismus zu unterweisen.) So ein Mann trachtet danach, auf seinen Penis reduziert zu werden, weshalb man ihm als Passfoto ein DickPic erlauben sollte.
Urlaub zuhause verwandelt das deutsche Beschwerdetum in Heimatkritik, denn in der Heimat zielt das notorische Nölen notgedrungen auf Innerdeutsches. Deutsches Sein, es entsteht durch haben: Recht haben, aber auch rechthaberisch sein. Weiteres Motto: nicht nur in Kost-Fragen über den Mund fahren, sondern auch über die Logie abkotzen! Ebenso meint "Teutonengrill" mehr als Kulinarisches: das Solarpanel der eigenen Haut, mehrfach belegte Strände, akustische Umweltverschmutzung, schalalalala!
Zusammengenommen bleibt heuer die Borniertheit im Lande, und das kulinarische Kriterium "schmeckt wie zuhause" entfällt logisch, was freilich die Gastro-Kritik nicht einschränken wird. Die Ferien in den Nationalstaatsgrenzen, sie werden auf ihre Art grenzenlos sein. Denn diesmal limitiert keine Freude auf daheim den Urlaubsspaß. Reisetipps:
Es braucht klare Ansagen, vorrangig bei Absagen. Sonst kommt an, dass man beim Come Together willkommen sei. Klartext durch klare Kante: stehenbleiben oder ich schubse dich über sie! Da positioniert man sich lieber an seinem Standort. Motto: sich als Ansagenehmerin festnageln lassen, wenn den Hammer rausholt, wer den Hut auf hat. Der Ansagen-Geber hingegen ordnet Ordnung an. Erlass heißt nicht, dass etwas erlassen wird, z.B. den Schülern Abitur und Diktat. Doch der Imperativ schreibt ebenso vor, sich ungerechtes Gebieten nicht bieten zu lassen. Herrsche, teile aus und führe die Pflicht zum Widerstand ein! Zum Widerstand gegen So-einfach-ist-das!-Rebellentum und die Newcomer der Aluhut-Charts.
Mehrmals schon hat der Weltgeist das Ende der Geschichte durchlaufen. Das letzte Mal vor dreißig Jahren, als Helmut Kohl ("das kann so nicht stattfinden!") die Mauer eintrat, und die Historie sich nicht in Unvorhersehbarkeit verlief, sondern den geraden Weg der Alternativlosigkeit einschlug. Dieser Weltlauf traf fast ein, doch dann unterliefen der Geschichtslosigkeit Geschehnisse. Eine Pandemie ging viral, die Welt hielt an, und Begegnungen benötigten einen Passierschein. Passagiere der Zeitgeschichte durften gebuchte Events nicht erleben, bekamen aber das Angebot einer, hä!?, "Alternativ-Veranstaltung" unterbreitet.
Gemeinsinn, Klima, Fußballabsagen – dafür, dass das letzte Ende der Geschichte sich schon vor dreißig Jahren ereignete, passiert heute ganz schön viel. Im Gegenzug möchten aber bitte Autounfälle nur mehr als Sprachunfälle "stattfinden", und das Ende vom Lied sei das Lied vom ewigen Ende. Im Frühling stehen wir gemeinsam im Wald. Eine Baum- oder Spargellänge auseinander, wartend bis
eine deutsche Eiche, quatsch: Fichte aus- und der erste Blitz des Jahres einschlägt. Eingeschlagen hat in der Fußballrückrunde noch kaum ein Spieler, dafür bewerkstelligen Pollen die Normalität des Hautausschlags. Alles sprießt, blühlt und bringt seinen Lieb- und Juckreiz ein, dass es nur so eine Art hat. So wie wir Menschen darauf hinarbeiten, die einzige Art zu sein, wobei uns aber noch die Viren im Wege stehen. Wie Corona der Borkenkäferjagd im deutschen Wald. Glauben ist nicht wissen; aber der Glaube, dass die Gleichsetzung von beidem sich gut anfühlt, ist weiß Gott ein Guter! Wissenschaft definiert sich als permanente Infragestellung ihrer selbst; dabei weiß sie, dass man seine Freunde verliert, wenn man Skepsis in die Glaubensgemeinschaft einbringt. Es heißt, sich "auf etwas einschwören", doch man schwört sich auf jemanden: seine Bubble-Buddys – ein. Die Blase schenkt einem in Corona-Zeiten -- Sauerstoff! Die Echokammer lässt den Korpsgeist erklingen, der z.B. Polizisten wahrheitsübergreifend schwören lässt. Eid auf die Gemeinschaft, die einen, das Zentrum des Universums (Beweis: eigene Wahrnehmung), umgibt. Der Meineid mithin ist Bekenntnis zum eigenen Gefühl, recht zu haben!
Doch what about Verschwörungen? Was, wenn die Corona-Verschwörung die Chemtrails kaputtmacht? Wer verschwört, schwört der Form nach schon richtig, er hat nur (Nico-Semsrott-Witz) mit dem Inhalt Pech. Ich schwör'! Beschränkungen sind Ausgangspunkt von vielem. Ein eingeschränktes Oberstübchen drängt Betroffene aus dem Haus, wo sich mündige Bürger beim Virentalk nicht auf den Austausch trockenen Witzes beschränken. Den Nassforschen draußen rät man eine Maske an und beschneidet damit sogar das Vermummungsverbot. Da ist nicht zu bestrafen, wer beim Bürgerdialog 1,5m auf 50 Zentimeter limitiert, Grenzen (auseinander)setzt, anderen den Weg an die Kasse abschneidet und ein Thema verschworen einengt. Jawohl, in beschränkten Zeiten dürfen Argumente totgeschlagen werden, ehe sie sich ausbreiten; und freiwillige Selbstbeschränkung im Denken ist nachgerade zu loben.
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